EVANGELISCHE KIRCHENGEMEINDE
FELSBERG UND BÖDDIGER
WERTVOLLER BEGLEITER DURCHS KIRCHENJAHR
Felsberger Flügelaltar ist fertig – Sonntag Gottesdienst in der Nikolaikirche
Von Manfred Schaake (Januar 2023)
Felsberg Christen und Kunstinteressierte dürfen sich freuen: Der Flügelaltar in der Felsberger Nikolaikirche ist fertig. Aus diesem Anlass lädt die evangelische Kirchengemeinde Felsberg und Böddiger für Sonntag, 15. Januar, ab 17 Uhr in die Kirche ein. Pfarrerin Vanessa Damm wird den Gottesdienst halten. Sprechen werden auch der Kasseler Bildhauer und Architekt Andreas Tollhopf, der das Kunstwerk geschaffen hat, und der Pfarrer im Ruhestand Friedrich Werner, einer der Initiatoren und Förderer des Kunstwerks. Es wurde ausschließlich aus Spenden finanziert. Weit über 20 000 Euro kamen zusammen. Entstanden ist der Flügelaltar aus einem halben Kubikmeter Eichenholz. Die Arbeitsstunden hat Tollhopf nicht gezählt.
Zwei Großreliefs im Zentrum sowie acht kleine Reliefs als Flügel führen jetzt „künstlerisch wertvollst und ganzjährig wechselnd“ durch die sieben Kirchen-Jahreszeiten. So hatten es Tollhopf und Werner bereits vor zwei Jahren formuliert. Damals war die Fertigstellung für Weihnachten 2021 angekündigt worden. Das ließ sich aber nicht verwirklichen. Um so glücklicher ist man jetzt über das fertige Werk in der bis zum 2. Februar dauernden Weihnachtszeit.
Denn der Flügelaltar ist eng mit der Weihnachtszeit verbunden. Erstmals zu sehen war das Weihnachtsrelief mit Maria, Josef und dem Christuskind Weihnachten 1998. Zum Pfingstfest 2017 hatte Tollhopf sechs von zehn Reliefs geschaffen.
Das nunmehr vollendete Weihnachtsrelief steht im Mittelpunkt des Gottesdienstes am kommenden Sonntag, und es wird noch bis Ende Januar zu sehen sein. Der Flügelaltar kann immer nach den Gottesdiensten
besichtigt werden. Felsbergs neue Pfarrerin Vanessa Damm sagt im HNA-Gespräch: „Ich freue mich sehr darüber, dass wir als Kirchengemeinde etwas Besonderes und Einmaliges in unserer Kirche haben dürfen – ein wertvoller Begleiter durchs Kirchenjahr, bei den Gottesdiensten, aber auch zur persönlichen Betrachtung.“
Der Flügelaltar rege zum Nachdenken an und ermögliche allen einen genaueren Blick auf das Kirchenjahr und die Themen, die im Gottesdienst im Zentrum stehen. Damm: „Für mich zeigt sich das besonders in den neuen Advents- und Weihnachtsflügeln. Advent und Weihnachten wird oft gleichgesetzt, aber die Adventszeit bereitet uns auf Weihnachten vor.“ Im Advent sind die beiden Flügel geschlossen. Zu sehen ist Maria, die erfährt, dass sie ein Kind bekommen wird. Auf dem anderen Flügel sind Maria und ihre Verwandte Elisabeth dargestellt. Szenen, die noch nicht die Geburt Jesu im Stall zeigen, sondern das, was davor geschehen ist.
„Der Flügelaltar geht mit den verschiedenen Zeiten im Jahr und Kirchenjahr mit, ein Schwerpunkt liegt sicherlich auf der Oster-, Advents- und Weihnachtszeit“, erläutert die Pfarrerin. Sie finde es sehr passend, dass die Flügel nicht immer geöffnet seien und somit der Altar auch zu gewissen Zeiten kleiner sei: „Auch in unserem Leben ist nicht immer alles groß und prächtig.“ Der Flügelaltar, so die Pfarrerin, lade dazu ein, ihn von der Kirchenbank aus zu betrachten, aber besonders auch, näher heranzutreten – nach den Gottesdiensten. Damm: „Oft sieht man kleinere Details erst beim genaueren Hinsehen oder auch erst auf den zweiten Blick.“ Es gefalle ihr sehr gut, dass die Gemeinde auch beim Kirchenkaffee im Altarraum so nah am Flügelaltar sei, „er wird eingebettet ins Gemeindeleben und in die Gemeinschaft“.
Lange Vorgeschichte – fehlende Krippe ein Defizit
Der Flügelaltar hat eine lange Vorgeschichte. 1996 kam man beim Schmücken der Kirche für das Weihnachtsfest in einer größeren Runde helfender Christen auf die Idee, eine Weihnachtskrippe anzuschaffen. Das Fehlen einer Krippe wurde als „wirkliches Defizit“ empfunden. Im April 1997 beschloss der Kirchenvorstand offiziell die Anschaffung einer Weihnachtskrippe. Andreas Tollhopf stellte im September 1997 eigens modellierte Krippenfiguren vor, „die alle auf den ersten Blick sehr gefielen“, wir in der Chronik festgehalten ist. Und: Niemandem schwebte etwas anderes als eine figürliche Krippe vor, und dem hatte sich auch der Holzbildhauer angepasst.
Pfarrer Friedrich Werner stellte dem Bildhauer dann Reliefarbeiten auf Eichenholzbalken vor – ein zwei Quadratmeter großes Relief könnte wie ein Antipendium vor dem Sandstein-Altar stehen. Im Kirchenvorstand fiel im März 1998 die Entscheidung zugunsten des Weihnachtsreliefs. Und das konnte man Weihnachten 1998 erstmals bewundern. Schon damals waren viele Kirchenbesucher begeistert, berichtete unsere Zeitung.
Und schon bald reifte die Idee, auf der Rückseite der starken Eichenbohlen das Osterrelief zu schaffen. Der damalige Pfarrer stellte sich vor, das Relief drehbar zu erhöhen, hinter dem Altar zu platzieren und die großen Reliefs links und rechts mit vier halb so großen Seitenflügeln zu ergänzen, die – vorder- und rückseitig bearbeitet – klappbar sind. Es entstand das, was zum gelungenen Flügelaltar wurde – Reliefs, die zu jeder Zeit des Kirchenjahres passen. Und das funktioniert künftig so:
O Adventszeit . Am 1. Advent eröffnet der Flügelaltar das neue Kirchenjahr. Zu sehen sind die beiden Adventsreliefs Maria und der Engel Gabriel am Brunnen von Nazareth und Marias Besuch bei Elisabeth (Lukas 1).
O Weihnachts- und Epiphaniaszeit. Die beiden Adventsflügel werden aufgeklappt und geben das große Weihnachtsrelief und die beiden kleinen Weihnachtsreliefs zum entfalteten Hochaltar frei (Lukas 2, Matthäus 2).
O Passionszeit. Nach dem letzten Sonntag der Epiphaniaszeit wird der weihnachtliche Hochaltar zugeklappt und um 180 Grad gedreht. Zu sehen sind dann die Flügel Taufe und Abendmahl. In der Passionszeit sind dann das Gründonnerstags-Abendmahl (Karwoche) und Jesu Taufe am Jordan – am 6. Sonntag nach Trinitatis – und somit die beiden Sakramente die längste Zeit im Kirchenjahr der Gemeinde zugewandt (Markus 14 und Markus 1). Auf weitere Motive der Passion wurde laut Pfarrer Werner bewusst verzichtet, weil über dem Altartisch und dem Flügelaltar das Holzkreuz mit dem Korpus aus dem Jahre 1972 über allem „schwebt“. Dieses Kreuz mit Christus schuf der Bildhauer Lorenz Buchner in Peiting in Oberbayern.
O Oster- und Pfingstzeit. In der Osternacht – nach der Tauferinnerung – werden die Flügel Taufe und Abendmahl aufgeklappt und geben die drei Reliefs des öster- und pfingstlichen Hochaltars frei. Dann sind die beiden Osterreliefs der Jerusalemtradition, das leere Grab, und der Galiläatradition, Ostermahl am See Genezareth, sowie das symbolreiche Pfingstrelief zu sehen. Dieser Hochaltar bleibt während der gesamten Oster- und Pfingstzeit geöffnet und wird erst am ersten Sonntag nach Trinitatis für die Reliefs Taufe und Abendmahl wieder zugeklappt (Markus 16, Johannes 21, Apostelgeschichte 2).
Weit über 20 000 Euro sind inzwischen gespendet worden. Besonders dankbar sind Werner und Tollhopf dem Team, das vor drei Jahren den jüngsten Spendenaufruf auf den Weg gebracht hatte: Dietrich und Renate Bürger, Elfriede Linne, Kira Wienforth, Sabine Gluth, Friedel Voß, Ilse Seifert und Erika Minhöfer. m.s.
Das sagt Friedrich Werner: Froh und glücklich
„Ein hervorragendes Kunstwerk, es ist für mich das schönste Weihnachtsgeschenk“, sagt Pfarrer im Ruhestand Friedrich Werner, der Initiator des Flügelaltars. Froh und glücklich sei er auch über die mehr als 20 000 Euro Spenden in der Schlussphase. Das sei der Beweis dafür, dass die Gemeinde den Flügelaltar angenommen habe: „Er ist wunderbar geworden.“ m.s.
Das sagt Andreas Tollhopf: Es hat richtig Spaß gemacht
„Ich habe mit großer Freude daran gearbeitet, es hat richtig Spaß gemacht, ein ganz anderes Arbeiten als auf Baustellen“, sagt Andreas Tollhopf. Das Projekt sei im Laufe der Jahre vom Antipendium zum Flügelaltar gewachsen: „Dazu gehört auch ein Reifeprozess, auch wenn es fast 25 Jahre gedauert hat. Ich bin sehr dankbar für die Geduld der Felsberger und die breite Unterstützung.“m.s.